Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt!  
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Antworten, die der OBM nicht gibt
 
Wolfgang Franke zu den "Fakten zur geplanten Teilprivatisierung der Stadtwerke", die OBM Burghard Jung in einer Serie des Leipziger Amtsblattes nannte
Das Interview mit Burghard  Jung lesen Sie >>hier
 

„Wir brauchen einen strategischen Partner, damit die Stadtwerke weiterhin erfolgreich wirtschaften und wachsen können.“

Der Geschäftsbericht der Stadtwerke von 2006 (vom 12.03.07, S.60) spricht davon, dass für 2007 ein Ergebnis auf dem Niveau von 2006 erwartet wird (54 Mio. € Konzerngewinn) und für 2008 eine Ergebnisverbesserung erwartet wird. Es ist erstaunlich, dass bei diesen Aussichten schon im November 2006 die Entscheidung getroffen wurde, einen „strategischen Partner“ für die Stadtwerke zu suchen.

Auch wenn das Umfeld im Bereich der Energieerzeugung und –verteilung aufgrund der sich ändernden Rahmenbedingungen (EU-Vorgaben und Gesetzgebung) sicher nicht leichter wird und Risiken bestehen, begründet der OBM in keiner Weise, warum die Aussichten für die Stadtwerke a)  in der Eigenständigkeit plötzlich so schlecht und b) mit einem privaten Partner plötzlich so gut sein sollen.

„Die EU will klar den Wettbewerb.“

Offenbar zielt diese Aussage auf die bevorstehende „Anreizregulierung“ zur Kalkulation der Netzdurchleitungsentgelte ab 2009. Vielleicht aber auch auf die mögliche Zwangs-Trennung von Netzbetrieb und Energieerzeugung, welche die vier Energie-Riesen in Deutschland hart treffen könnte. Diese Aussage ist extrem unkonkret. Möglich, dass die Zeit der satten Kartellgewinne bald vorbei ist. Die Entwicklung birgt Risiken für die Stadtwerke (die übrigens nicht gerade zu den kleinsten in Deutschland zählen) – aber auch für die möglichen privaten Partner.

„Die finanziellen Zwänge, ... die Auflagen des Regierungspräsidiums“

Da wird das Problem wenigstens beim Namen genannt. Leipzig hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1827 EUR (2006) und liegt damit immerhin unter dem Durchschnitt von 50 deutschen Großstädten. Natürlich ist ein Entschuldungskonzept erforderlich. Aber verlangt das Regierungspräsidium wirklich den Verkauf kommunalen Eigentums – zumal profitabler kommunaler Unternehmen? Wo wurde das gefordert? Auf welcher Grundlage kann das Regierungspräsidium solche Forderungen überhaupt stellen? Was passiert, wenn man solchen Forderungen – vernünftigerweise – nicht nachkommt?

Droht Leipzig wirklich die Zwangsverwaltung, wie man immer wieder hört?

Welche alternativen Konzepte zur Entschuldung wurden geprüft – zumal angesichts der offenbar sich zum Besseren wendenden Steuersituation?

Schließlich ist auch zu bedenken, dass nur ein Teil des geplanten Erlöses zur Schuldentilgung eingesetzt werden soll, Leipzig wäre von der „Schuldenfreiheit“ also trotzdem noch weit entfernt und müsste dafür weiterhin Zinsen zahlen, wenn auch weniger als 40 Mio. € pro Jahr.

„Wir bleiben bei einem Anteilsverkauf Herr im eigenen Haus.“

Die Frage, wie man „Herr im eigenen Haus“ bleibt - mit einem Partner, der 49,9% der Geschäftsanteile bei den Stadtwerken besitzt - ist offen. Denn zumindest wird gegen diesen Partner keine Entscheidung getroffen werden können. Alles hängt von der Zustimmung dieses Partners ab. Falls überhaupt entsprechende Vereinbarungen hinsichtlich der Entwicklung und Strategie der Stadtwerke im Kaufvertrag festgeschrieben werden, ist völlig unklar, wie Entscheidungen gegen einen Anteilseigner mit Vetorecht durchgesetzt werden können, wenn dieser es sich einmal „anders überlegt“. Es gab in der Vergangenheit Beispiele dafür. Selbst wenn im Vertrag entsprechende Regelungen getroffen werden, ist fraglich, wie deren Einhaltung – einem „global player“ gegenüber - kontrolliert und sanktioniert wird.

Der weitere Ausbau eigener regenerativer Energieerzeugungskapazitäten zum Beispiel erscheint nicht eben interessant für Energiekonzerne, die selbst mit abgeschriebenen Atomkraftwerken billigst Strom erzeugen können. Wie wird man dann nachhaltige regionale Energiewirtschaft fördern und treiben können?

„Beim eventuellen Verkauf von LVV-Anteilen geht es nicht um das operative Geschäft der Daseinsvorsorge.“

Sinngemäß behauptet der OBM, dass bei einem Verkauf von LVV-Anteilen (der natürlich erst noch reiflich geprüft wird, wie er zusichert) ja nicht das operative Geschäft z.B. der Wasserwerke verkauft würde, sondern ein Partner „nur Anteile der Holding“ erwirbt.

Mag sein, dass sich der private Teilhaber nicht direkt in das operative Geschäft der Wasserwerke einmischt. Aber er würde mit dem Kauf von Anteilen der Muttergesellschaft doch auch Mit-Eigentümer der Wasserwerke, Verkehrsbetriebe und Stadtwerke.

Und wenn ihn nicht das operative Geschäft interessiert, dann doch wohl der Gewinn, den selbiges abwirft. Das ist schließlich der Grund für sein finanzielles Engagement.

Und genau das wollen wir nicht: Die Unterwerfung von notwendigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge unserer Stadt unter private Gewinninteressen.

„Kein Beschäftigter muss um seinen Arbeitsplatz fürchten.“

Es ist richtig, dass mit den Gewerkschaften eine Vereinbarung über Beschäftigungssicherung über acht Jahre geschlossen wurde. Es wird potentiellen Investoren auch relativ leicht fallen, sich daran zu halten, weil die betreffenden Unternehmen bereits sehr effizient arbeiten und weiterer Arbeitsplatzabbau ohne Gefährdung der Geschäftstätigkeit kaum möglich erscheint. Nach dieser Zeit ist aber offen, ob es nicht Bestrebungen des privaten Teilhabers geben könnte, „Synergieeffekte“ zu nutzen – sprich: auszulagern, zusammenzulegen etc. Dies könnte den Belegschaften auch nicht erspart bleiben, wenn die Stadtwerke und anderen Unternehmen vollständig im Eigentum der Stadt bleiben – aber dann würde die Stadt allein darüber entscheiden, unabhängig von Renditeinteressen eines privaten Partners.

„Ich werde den Teilverkauf dem Stadtrat nur dann vorschlagen, wenn weiter die Querfinanzierung [des ÖPNV] wirtschaftlich darstellbar ist.“

Darauf sind wir gespannt. Denn wir haben noch nichts Konkretes dazu gehört. Wie die konkrete Finanzierung der LVB ohne den hälftigen Gewinn der Stadtwerke bewerkstellig werden kann, ist nach unserer Kenntnis noch nicht dargelegt worden.

„Und kein Gegner der Privatisierung hat mir bislang erklärt, was er als Alternative auf dem Tisch hat.“

Das sehen wir vor allem als Ihre Aufgabe an, Herr Oberbürgermeister - beziehungsweise die unserer Kommunalpolitiker, ob Stadtrat oder Bürgermeister.

Und dafür gab und gibt es auch bereits Ideen und Vorschläge, zum Beispiel von verschiedenen Fraktionen des Stadtrates. Sie wurden nur nicht ernsthaft diskutiert. Nachhaltige Haushaltspolitik kann nicht durch substantielle Verkäufe ersetzt werden.

Es ist nicht akzeptabel, wenn „Finanzlöcher“ von einer Stelle zur anderen geschoben und eine Form der Daseinsvorsorge (Energieversorgung, Wasser, Nahverkehr) gegen eine andere (z.B. Kindertagesstätten und Schulen) ausgespielt wird!

Es geht nicht um Tafelsilber, sondern um das Geschirr, von dem wir täglich essen! 

Privatisierung ist keine Alternative, um die finanziellen Probleme der Stadt zu lösen!