Liebe Leipzigerinnen
und Leipziger,
eine der wichtigsten
Aufgaben einer Kommune ist die Fürsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger,
die sog. Daseinsvorsorge. Dieser Pflicht ist unsere Stadt immer
vorbildlich nachgekommen.
Einige wenige Zahlen
dazu:
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Das erste kommunale
Krankenhaus Deutschlands gibt es seit 1439 in Leipzig. Der Name St.
Georg hat sich seitdem erhalten.
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Seit 170 Jahren
versorgt ein kommunales Unternehmen die Leipziger Bürger mit Gas
und seit 150 Jahren mit hochwertigem Wasser.
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Mehr als 100 Jahre
schon beliefern die Stadtwerke Leipzig ihre Bürgerinnen und Bürger mit
Strom und bei der im Jahre 1912 beginnenden Fernwärmeversorgung waren
sie Vorreiter in Deutschland.
Dabei waren die
Stadtwerke nicht nur ein sicherer Energielieferant auf hohem technischem
Niveau. Sie haben sich von Anfang an auch in hohem Maße
gesellschaftspolitischen Anforderungen gestellt, wie dem Schutz unserer
Umwelt und der Förderung von Kultur und Sport durch Sponsoring.
Auch das zähle ich zur
Daseinsvorsorge; denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Diese langjährige
soziale Tradition will die Rathausspitze jetzt beenden. Sie will Ihr
Eigentum verscherbeln um angeblich den Haushalt zu sanieren. Das Schlimme
daran ist, dass über Alternativen gar nicht nachgedacht wurde, obwohl eine
ganze Reihe davon vorliegen.
Können sie es nicht –
oder schlimmer, wollen sie es sogar nicht?
Lassen Sie mich ein
paar Beispiele nennen:
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Als die Stadtwerke im
Jahr 1992 neu gegründet wurden – hatte RWE einen Anteil von 40%.
Grundlage dieser 40% -Vergabe waren eine Fülle von Versprechungen, die
RWE der Stadt gegenüber abgegeben hatte. Weil diese versprechen nicht
eingehalten wurden, hat die Stadt die 40% im Jahre 1995 von RWE
zurückgekauft.
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Im Jahre 1998 wurden
abermals 40% der Stadtwerksanteile für 420 Mio. DM an die MEAG, die
später von RWE geschluckt wurde, verkauft. Damaliger Vorwand war es,
dass die Stadtwerke dringend einen strategischen Partner brauchen. Auch
die MEAG gab eine Menge Versprechen ab. Ich erinnere mich beispielhaft,
dass man in Leipzig 200 neue Arbeitsplätze schaffen wollte. Weil RWE
wiederum keines seiner Versprechen eingehalten hat und außerdem die
Strategie der Stadtwerke massiv behinderte, wurden die 40%-Anteile der
RWE erneut zurückgekauft. Durch den Rückkauf ist der Stadt in den vier
Jahren von 2003 bis 2006 ein Nettovorteil von 560 Mio. € entstanden.
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Der Wunsch von Herrn
Tiefensee, im Jahr 2002 die Stadtwerke Leipzig in einen Mitteldeutschen
Energieverbund einzubringen, und dafür 12% des Unternehmensgewinn zu
erhalten, ist glücklicherweise an massiven Widerstandsaktionen
gescheitert. Das hat die Stadt vor einem finanziellen Verlust in den
Jahren von 2002 bis 2006 in Höhe von 150 Mio. € bewahrt.
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Auch der erneut
geplante Verkauf der Stadtwerke wird der Stadt deutliche finanzielle
Nachteile bringen. Auf der Basis der Gewinnerwartungen der
Stadtwerke von 2008 bis 2011 und einem angenommenen Verkaufserlös von
ca. 350 Mio. € gehen der Stadt in diesen vier Jahren netto etwa 25 Mio.
€ verloren.
Ich frage mich, warum
diejenigen, die Ihre Stadtwerke, Ihr Eigentum nach Frankreich, Schweden
oder Russland verscherbeln wollen, diese Argumente nicht zur Kenntnis
nehmen. Sollten sie diese Rechnung aber nicht können oder nicht wollen,
dann muss man sich die Frage nach den richtigen Leuten an der
Rathausspitze stellen.
Lassen Sie mich zum
Schluss noch ein paar Fragen stellen:
Der 1. Bürgermeister
von Hamburg hat unlängst erklärt, dass es ein großer Fehler war, den
kommunalen Hamburger Stromversorger zu verkaufen.
Der
Oberbürgermeister von München hat jeglichen Anteilsverkauf an den
Stadtwerken als unklug bezeichnet und abgelehnt.
In Dresden denkt man
intensiv über den Rückerwerb der Fremdanteile an der DREWAG nach.
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Sind unsere
Kommunalpolitiker so viel klüger als andere?
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Wie soll künftig der
defizitäre Nahverkehr finanziert werden, oder ist eine deutliche
qualitative Einschränkung bereits eingeplant?
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Glaubt die
Rathausspitze wirklich, dass ein privater Anteilseigner Interesse daran
hat, künftig Kultur und Sport in der Stadt durch Sponsoring zu
unterstützen?
Ich glaube es nicht!
Und deshalb rufe ich
Sie dazu auf, alles zu tun, um Ihr Eigentum zu erhalten und das
Verscherbeln der Stadtwerke zu verhindern! |